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          Bodo Gassmann    (1.11.05)  
          
            
            Letzter Akt der Debatte um Demokratie
            
          
           Nachdem ich den Aufsatz „Die Demokratie und ihr Idealisten“  von  der jungen Linken mit meinem Essay „Kritik der Demokratie oder Kampf um  Verfassungspositionen?“ kritisiert habe, ist jetzt eine  Anti-Anti-Kritik unter dem Titel „Die Demokratie und ihre Linken“ (Fremdseite) von „Mpunkt“ erschienen.  
           Leider  geht die Kritik von M. an meinem Aufsatz nicht auf meine entscheidenden  Argumente gegen die Revolutionaristen der Jungen Linken, die schon in  meiner Vorbemerkung angedeutet  werden, ein. Der  Antikritiker M. wiederholt entweder nur Thesen, aus den von der Jungen  Linken veröffentlichten Kritik der Demokratie oder unterstellt mir  Aussagen, die eindeutig meinem Text widersprechen wie: „Auch Gassmann  fällt dazu nichts ein, außer dass die Demokratie ein kleineres Übel als  der Faschismus sei“. Ich muss deshalb annehmen, dass diese Entgegnung  nicht einer argumentativen Auseinandersetzung dient, sondern nur die  eigenen Meinungsgruppe bestätigen oder mich und meine Leser  verunsichern soll, insofern ich nicht auf die Linie der  Demokratiekritiker und M. einschwenke. Auch scholastische  Spitzfindigkeiten, indem einzelne Sätze aus dem Denkzusammenhang  genommen und ins Gegenteil verdreht werden, gehören zur Methode. Zudem  wiederholt  M. im Großen und Ganzen das, was ich als Zugeständnis vorangeschickt  habe. Es ist also uninteressant, das Gleiche noch einmal ins Netz zu  stellen. Wer es dennoch lesen will, kann dem obigen Link folgen...  
           Die  Vorschläge der Jungen Linken und von M. sind auf eine Formel gebracht:  Schweinesystem oder Revolution. Apodiktisch wird etwas über die  demokratische Praxis in der BRD behauptet und verallgemeinert, ohne  wirklich konkrete Analyse. M. argumentiert: Wenn der Begriff  „Allgemeinwohl“ bisher immer der des Gesamtkapitals ist, ausgedrückt  durch den Staat, der über den Klassen stehe, dann könnte man ihn nicht  eigenständig definieren bzw. diesen Begriff überhaupt nicht mehr  verwenden. Analog wahrscheinlich auch mit den anderen Begriffen der  Demokratie wie z.B. den Menschen- und Bürgerrechten. Nach der gleichen  Logik dürfte man als Sozialist keine Mathematik mehr betreiben, weil  die kapitalistischen Buchhalter die Mathematik benutzen, um den Profit  zu berechnen – ein absurdes Geraune.  
           M.  und die Junge Linke sprechen vom Ideal der Demokratie und wollen nicht  nur die Ideologie kritisieren, die sich darin ausdrückt, dass man das  Ideal zur Wirklichkeit verklärt, sondern werfen gleich alle  demokratischen Formen als Ausdruck von Herrschaft über Bord. Ein Ideal  ist dadurch definiert, dass es nicht mit der Wirklichkeit  übereinstimmt. Der Begriff geht auf Platons Ideenlehre zurück, die  explizit als Gegenentwurf gegen die bestehenden Verhältnisse seiner  Zeit konzipiert wurde. Wieso ist dann ein Ideal etwas Verkehrtes, wenn  die heutige Wirklichkeit diesem Ideal nicht entspricht? Ein Ideal kann  man nur kritisieren, wenn man dies immanent tut, nicht durch einen  Verweis auf die entgegenstehende schlechte Wirklichkeit. Im Übrigen  habe ich den Begriff des Ideals nur verwendet in Bezug auf den Aufsatz  der Jungen Linken, d.h. ich bin kein Anhänger eines Ideals, sondern  habe es dargestellt, um es zu analysieren. Positiv spreche ich von demokratischen Formen.  
           Bitte  schön. Ihr habt im demokratischen Kapitalismus Meinungsfreiheit und  könnt behaupten, was ihr wollt. Aber mit dieser hermetischen  Schwarz-Weiß-Malerei kann ich nichts anfangen.  
           Auch  das mögliche Argument für eure Schreibe – das aber nicht explizit  genannt wird, aber als literarische Strategie offenbar zu Grunde liegt  -, dass man nur das Negative betonen muss, um im Konzert affirmierender  prokapitalistischer Propaganda gehört zu werden, ist falsch. Denn  Negativität ist ein Reflexionsbegriff, den es nicht ohne das Gegenteil:  Positivität, gibt. Beide bestimmen sich nur wechselseitig. Konkret  heißt das: Die Kritik am Kapitalismus (Negation)  ist  immer implizit eine Affirmation ihres Gegenteils; wenn man sich weigert  dieses Gegenteil zumindest prinzipiell zu bestimmen, dann läuft die  Kritik auf alles und jedes hinaus. „Revolution“ ist kein Ziel, sondern  bestenfalls Mittel. Aber Mittel wofür?  
           Ihr  wollt Revolution? Doch was heißt das? Im 20. Jahrhundert sind alle  kommunistischen Revolutionen gescheitert. Nicht nur wegen der  schlechten äußeren Bedingungen (Krieg gegen Sowjetrussland,  Einkreisung, Kalter Krieg usw.), sondern auch wegen mangelnden  demokratischen Formen im Inneren. Unter dem Schein einer klassenlosen  Gesellschaft entwickelte sich eine neue herrschende Kaste – oder wie  man dieses Gebilde der „Nomenklatura“ nennen will – und die „alte  Scheiße“ (Marx) fing von Neuem an. Meine entscheidende These ist: Demokratische  Formen sind noch lange notwendig in einer Gesellschaft, die  sozialistische/kommunistische Verhältnisse herstellen will. Deshalb  kann man nicht nur aus den Fehlern und ungeheuren Erfahrungen des  Sowjetsystem und solcher Staaten wie der DDR lernen, sondern  notwendigerweise auch aus den Errungenschaften der  bürgerlich-kapitalistischen Demokratie, die gerade jetzt mal wieder  gefährdet sind. (Vgl. Jean-Claude Paye:  „Das Ende des Rechtsstaats. Demokratie im Ausnahmezustand“ – und unsere Rezension dieses Buches, die demnächst erscheint.)  
           Damit  ich mich ganz deutlich ausdrücke, was mich von den Demokratiekritikern  (Autoren der „Demokratie und ihre Idealisten“ und Mpunkt) trennt: Eure  abstrakte Negation demokratischer Formen und eure Verachtung der  bürgerlichen Grundrechte und Freiheiten als bloße Herrschaftsmittel  zeigen, dass ihr entweder blauäugig (ohne Vermittlung) eine Anarchie  (Ordnung ohne Zwang) anstrebt, die unter den Bedingungen einer  Industriegesellschaft zur Herrschaft von Warlords führt, in der alle  Beziehungen mit offener Gewalt geregelt werden, oder zu einer  Parteidiktatur mit allen Scheußlichkeiten, die dem Ostblock  kennzeichneten. Beide Varianten sind eher eine Horrorvision als eine  Alternative zur kapitalistischen Ökonomie mit demokratischen Formen.  (Zurück zu einem Agrarkommunismus mit Millionen Toten à la Pol Pot als  dritte Möglichkeit lasse ich hier als noch abstruser einmal weg.) Eine  bloße Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln mit  Planwirtschaft ist noch kein  Sozialismus/Kommunismus, er muss immer auch eine moralische Qualität  haben, die ihn von der Klassengesellschaft qualitativ unterscheidet. Eure  explizite und implizite, von Sachkenntnis wenig getrübte Alternative  zum Kapitalismus unter dem Stichwort „Revolution“ – basta - ist selbst  nur Teil der schlechten Verhältnisse, die ihr vorgebt zu kritisieren.  
           Wir  haben deshalb kaum etwas Gemeinsames und ich bedaure, mir die Mühe  gemacht zu haben, auf eure Argumente einzugehen. Mit theoretischen  Autisten und menschenfeindlichen Nihilisten will ich nichts zu tun  haben. (Das ist keine „Beschimpfung“, sondern eine urteilende  Charakterisierung.) Die „Kinderkrankheit des Kommunismus“, von der  Lenin einst sprach, existiert anscheinend noch immer. 
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